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Obsoleszenz - das Todesurteil für Elektrogeräte?

Mein Smartphone ist gute drei Jahre alt. Und es funktioniert noch. Mehr oder weniger. Naja, jedenfalls dann, wenn es eben gerade Lust dazu hat. Schon oft habe ich gehört, dass Hersteller bei ihren Elektrogeräten absichtlich Defekte (sogenannte Sollbruchstellen) einbauen, beziehungsweise bewusst die Lebensdauer der Geräte verkürzen, mit dem Ziel, dass die Konsumenten schneller wieder neue Geräte kaufen und somit die Rendite der Unternehmen ankurbeln. Dieses Unding ist auch bekannt unter dem Begriff „geplante Obsoleszenz“. Obsoleszenz bedeutet gemäss Duden: „die [in seiner Herstellungsweise, seinen Materialien oder Ähnlichem angelegte] Alterung eines Produkts, das dadurch veraltet oder unbrauchbar wird“.

Und so schau ich mein Smartphone an und überlege mir, wie nachhaltig dieses Gerät wohl ist. Und dabei fallen mir zwei Dinge auf: Je länger, je mehr gibt es für mein Modell - welches mit bald vier Jahren nun auch schon steinalt ist - keine richtig funktionierenden Apps mehr. Ich werde also vom Hersteller quasi dazu gezwungen ein neueres Modell zu kaufen, damit ich wieder alle Apps in vollem Umfang nutzen kann. Das zweite was mir aufgefallen ist, bezieht sich auf das Design. Das Gerät wurde vom Hersteller so kompakt und für einen Laien undurchschaubar zusammengebaut, dass es für den Nutzer fast ein Ding der Unmöglichkeit ist den Akku selbst auszuwechseln oder sonst ein Teil zu ersetzen. Mein Hirn meldet sich mit:

 

„Nachhaltig ist das ja nicht gerade!“ ,

 

und erinnert mich an mein altes Handy anno 2000, welches man ohne weiteres in Einzelteile zerlegen, und den Akku bei Bedarf problemlos auswechseln konnte. Nun sitz ich am meinen Pult und probiere mit einem Spitzmesser mein Smartphone aufzuhebeln. Nichts passiert, ausser, dass es einen weiteren Kratzer auf der Oberfläche gegeben hat!

 

Das Smartphone ist ein Fall unter vielen. Wenn ich mich in meinem Zimmer weiter umschaue, sehe ich meinem Drucker, der bereits wieder blickt und von mir verlangt, die Kartusche auszuwechseln. Und das obwohl noch rund 20% der Farbe in der Kartusche ist! Mit ein bisschen Gerüttel und Geschüttel an der Kartusche und ignorieren des penetranten, roten Blicklichts, kann man die alte Kartusche noch ein wenig im Drucker belassen, muss aber mit Aussetzern und unschönen Ausdrucken rechnen. Auch hier wird man als Kunde vom Hersteller quasi dazu gezwungen oder zumindest dazu verleitet möglichst früh eine neue Farbkartusche zu kaufen, obwohl die alte eigentlich noch gar nicht leer ist.

 

Beim Schreiben dieses Blogs meldete sich dann auch noch mein Laptop. Der Bildschirm flackert und manchmal schaltet er sich auch ganz aus. Es ist ein Gerät, bei welchem man den Bildschirm um 360 Grad nach hinten klappen kann. Aber scheinbar ist dieser Mechanismus nicht für die Ewigkeit (welche sich im Falle meines Laptops auf zweieinhalb Jahre beläuft) entwickelt worden…

 

Für den Konsumenten ist es schwierig zwischen Absicht des Herstellers und tatsächlichem Verschleiss zu unterscheiden. Jedoch fäll mir auf, dass immer mehr Geräte, welche ich besitze nach zirka drei Jahren den Geist aufgeben. Ist das nun lange oder etwa doch nicht? Wenn ich mich an mein altes Nokia der 3000-Serie erinnere, welches beinahe unzerstörbar war, auch nachdem es zum zehnten Mal auf dem Boden aufschlug und es auch nach fünf Jahren noch funktionierte, überlege ich mir wie es denn zum Wandel der schnell alternden Geräte und somit auch der Wegwerfgesellschaft gekommen ist.

Die Industrie und Wirtschaft erziehen uns Konsumenten regelrecht zu einer solchen Wegwerfgesellschaft, denn daran verdienen sie. Je mehr kaputt geht oder "alt" wird, desto mehr werfen wir auf den Müll. Und wenn wir etwas wegwerfen, dann brauchen wir auch wieder etwas Neues, und da kommt erneut die Industrie ins Spiel, welche uns neue Geräte verkauft. Leider stehen aber bei vielen Produkten nicht die Langlebigkeit und Nachhaltigkeit im Vordergrund, sondern die Marke und vor allem das schnelle Geld.

 

"Aber hat nur der Hersteller Schuld daran oder etwa doch auch wir Konsumenten?"

 

Es handelt sich wohl um einen Teufelskreis, denn ich bin der Meinung, dass die Verbraucher nicht ganz unschuldig an der ganzen Sache sind. Denn vor allem bei Elektronikartikeln, welche zu den Marktführern gehören und „in“ sind, ist vielen Konsumenten egal, ob ihr „altes“ Gerät noch funktioniert oder nicht. Sie kaufen nach einem knappen Jahr bereits wieder das neuste Modell, weil es eben aktuell ist und vermeintlich besser und mehr kann. Diese Gegebenheit ist auch bekannt als „psychische Obsoleszenz“ und meist ein Resultat von Modetrends oder von technischen „Revolutionen“. Ob die Geräte nun wirklich besser sind, sei dahingestellt. Die Frage, welche sich mir allerdings aufdrängt ist:

 

„Was passiert mit den alten Geräten?“

 

Manche versuchen ihre nicht mehr benutzten Geräte beispielweise über Flohmärkte oder Internetplattformen weiterzuverkaufen oder verschenken das "alte" Handy ihrer Oma. Andere entsorgen es. Und da schreitet das Problem auf die nächste Stufe.

Mit der Wiedergewinnung von wertvollen Rohstoffe, wie Platin, Gold oder Silber kann am Schluss wieder Geld verdient werden. Allerdings ist diese Wiedergewinnung oft kompliziert und kostspielig und daher in Europa meist wenig rentabel. Deshalb wird Elektroschrott aus dem Westen in Drittweltländer, wie Asien oder Afrika transportiert, um dort die kostbaren Rohstoffe zurückzugewinnen. Allerdings unter schlimmen Bedingungen! Denn um an diese Rohstoffe zukommen wird der Elektroschrott verbrannt, wobei hochgiftige Dämpfe entstehen, welche die Gesundheit der Menschen dort schädigen und in die Umwelt gelangen können. Neben den giftigen Dämpfen sind auch die Arbeitsbedingungen bedenklich. Denn die Arbeiter dort verdienen sehr schlecht und es werden sogar Kinder für diese gefährliche Arbeit eingesetzt (Quelle: Greenpeace).

In der Schweiz wird auf ein umweltschonendes Recycling geachtet. Hier sind die drei Organisationen SENS, SWICO Recycling und SLRS für die Rücknahme, Wiederverwertung und die fachgerechte Entsorgung von elektronischen Geräten zuständig. In der Schweiz wird seit 1994 auf neue Elektrogeräte eine vorgezogene Recyclinggebühr erhoben (im Kaufpreis inbegriffen), welche für das umweltfreundliche Recycling, der Wiederverwertung von Materialien sowie eine saubere Entsorgung nichtwiederverwendbarer Stoffe genutzt wird. Alle Elektrogeräte, welche im Handel oder an einer offiziellen Abgabestelle abgegeben werden, werden umweltfreundlich rezykliert (Quelle: Swico).

 

Trotzdem sollte etwas gegen den verschwenderischen Umgang mit elektronischen Geräten durch die Verbraucher und den womöglich geplante Alterungsprozess der Geräte durch die Hersteller unternommen werden.

 

Was sollten die Hersteller tun:

 

  • Längere Garantien gewähren
  • Geräte so konstruieren, dass Ersatzteile auch vom Konsumenten selbst ausgewechselt beziehungsweise eingebaut werden können
  • Hochwertigere Materialien verwenden
  • Konsumenten besser über die Produkt und Ersatzteile informieren
  • Angabe über die Lebensdauer (in Betriebsstunden) von den Geräten bekannt geben.

 

Da sich mit diesen Massnahmen allerdings kein Geld verdienen lässt, ist leider von den Herstellern diesbezüglich wenig Motivation und Einsatz zu erwarten. Daher liegt es an uns Konsumenten den ersten Schritt zu machen. Denn wenn wir unser Umgang mit den elektronischen Geräten bessern, werden hoffentlich auch die Hersteller ihre Geräte auf das neue Konsumentenverhalten und die Konsumentenanforderungen anpassen.

 

Wann können also wir Konsumenten dagegen unternehmen?

 

  • Lasst euch nicht beeinflussen: Kauft nur Geräte, welche ihr auch wirklich braucht, und nur dann wenn es nötig ist. Zu oft werden wir durch Werbung, Medien oder durch unser Umfeld dazu ermuntert neue Geräte zu kaufen, auch wenn unsere bestehenden Geräte noch einwandfrei funktionieren.
  • Aus zweiter Hand: Seid ihr doch mal schwach geworden und habt ein Neugerät gekauft, obwohl das alte noch intakt ist, dann werft das alte nicht weg, sondern verschenkt oder verkauft es. Dafür gibt es genügend Plattformen wie Brockenstuben, Flohmärkte oder übers Internet. Übrigens könnt auch ihr von solchen Plattformen profitieren und so einem gebrauchten Gerät eine neue Chance geben.
  • Alter vor Schönheit: Benutzt eure „alten“ Geräte so lange wie möglich und ersetzt es erst dann, wenn es seine Funktionstüchtigkeit verloren hat und/oder es nicht mehr nutzbringend und kosteneffizient repariert werden kann.
  • Spendier deinem Gerät mal nen Café: In sogenannten Reparaturcafés (Repair Cafés) bieten helfende BasterInnen und Reparaturprofis ihr Wissen und Können an und reparieren meist kostenlos defekte Geräte. Weiter können die Hilfesuchenden auch lernen, wie man selber Reparaturen durchführen kann. Unter diesem Link findet ihr solche Reparaturcafés auch in eurer Region.
  • No wa(y)ste!: Falls eure Elektrogeräte tatsächlich ihre Lebensdauer erreicht haben, so werft sie nicht in den Kehricht, sondern bringt sie in den Handel zurück oder zu offiziellen Abgabestellen. Dort wird dafür gesorgt, dass sie fachmännisch und umweltschonend rezykliert oder entsorgt werden.
  • „Luege, lose, kaufe“: Wenn ihr Elektrogeräte kauft, dann versucht euch darauf zu achten, wie das Gerät verarbeitet ist. Wenn man von aussen schon sieht, dass günstige Materialien verwendet oder das Gerät unsauber zusammengebaut wurde, dann lasst am besten die Finger davon. Denn ein solches Gerät hat meist keine lange Lebensdauer. Vor allem von sehr günstigen Produkten oder ungewöhnlich erscheinenden Sonderangeboten ist abzuraten, denn bei diesen Geräten ist oft etwas faul…
  • Wissen ist Macht!: Informiert euch vor dem Kauf über die Geräte, zum Beispiel über Gerätevergleiche, über Internet-Foren, bei Bekannten (welche das Gerät kennen), im Laden oder beim Hersteller. Versucht in Erfahrung zu bringen, ob und wo es Ersatzteile gibt, wo man das Gerät nötigenfalls reparieren lassen kann, ob bald ein neueres Modell auf den Markt kommt oder ob im Gerät mögliche schädliche Stoffe und Materialien eingebaut wurden.

 

Nun ist mein Blog zu Ende und die Zeit ist gekommen meinem "alten" Laptop eine Verschnaufpause zu gönnen. Ich verhelfe auch meinem altersschwachen Smartphone wieder zu neuer Energie und hänge es an den Strom, um den sich sekündlich entladenden Akku wieder an seinen Memory Effekt zu erinnern. Zum Schluss zwinkere ich noch meinem rot blickenden Drucker zu und quetsche beim Druck eines Artikels das letzte Farbpartikelchen aus ihm heraus. Auch wenn ich zuhause bald ein Altersheim für meine Elektrogeräte einrichten muss, werde ich für die da sein, bis zum bitteren Ende :-)

 

 

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