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Mehr Mehrweg & weg vom Einweg

Vorweg erzähl ich euch eine Geschichte in zwei verschiedenen Varianten.


Variante 1

Von der Sonne geblendet wachst du am Morgen auf und denkst dir „Wow, heute ist ein super Tag, um mit meinen Freunden grillieren zu gehen!“. Du gehst ins Bad duschst und rasierst dir mit einem Einwegrasierer die Beine/Bart (je nachdem :-P) und schneidest dich dabei. „Mist!“, fluchst du und wirfst den Rasierer anschliessend in den Müll. Danach machst du dir mit deiner neuen Kapselmaschine (Kapseln sind aus Kunststoff und alle einzeln verpackt) eine grosse Tasse Kaffee. Weil du ein wenig schusslig bist, verschüttet du deinen Kaffee, welcher auf dem Boden einen brauen Fleck hinterlässt. „Ach, kein Problem“, denkst du dir, holst aus dem Schrank ein mit Chemikalien durchtränktes Einweg-reinigungstuch, wischst kurz über den Fleck und schmeisst es dann in den Kehricht. „Jetzt muss ich aber los!“, sagst du zu dir, steigst in dein Auto und fährst zum nächsten Supermarkt. Dort kaufst du dir ein argentinisches Rindersteak für auf den Grill, Plastikgeschirr und einen Einweggrill und verteilst diese Sachen nach dem Zahlen an der Kasse in drei kleine, dünnwandige Plastiksäcke. Auf dem Weg zum See, reisst dir bei einem Plastiksack der Henkel und beim anderen gibt es ein Loch. Am See angekommen wirfst du die Plastiksäcke in den Müll, da sie ja sowieso nicht mehr zu gebrauchen sind. Du stellst deinen Einweggrill in die Wiese und zündest die Kohle an. Kurze Zeit später ist der Grill heiss und dein Fleisch (da es zu nahe an der Kohle liegt) verkohlt. „Macht ja nichts“, denkst du dir und fischt das Steak mit einer Plastikgabel vom Grill. Als deine Freunde später nachkommen, ist bei deinem Grill tote Hose, da er ja Einweg ist. Aber auch das macht nichts, denn deine Freunde haben ja alle super mitgedacht und selbst einen Einweggrill mitgebracht! Nach dem Essen entsorgst du noch schnell dein Plastikgeschirr und Einweggrill in der langsam überquellenden Mülltonne. Nachdem du deinen Abfall erfolgreich auf den Müllberg gestapelt hast und zum Grillplatz zurückkehrst, fällt dir auf, dass an dem Ort, wo vorher dein Einweggrill gestanden hatte, das Gras nur noch als schwarzer Fleck erkennbar ist. Gute Sache…

Variante 2

Von der Sonne geblendet wachst du am Morgen auf und denkst dir „Wow, heute ist ein super Tag, um mit meinen Freunden grillieren zu gehen!“. Du gehst ins Bad duschst und rasierst dir mit einem Mehrwegrasierer die Beine/Bart (je nachdem :-P) Nach der Rasur sind deine Beine/Kinn so glatt wie ein Babypopo und da der Rasierer über einen flexiblen Klingenkopf verfügt hast du dich auch nicht geschnitten. Danach machst du dir mit deinem alten  Kaffeekocher eine grosse Tasse Kaffee. Weil du ein wenig schusslig bist, verschüttet du deinen Kaffee, welcher auf dem Boden einen brauen Fleck hinterlässt. „Ach, kein Problem“, denkst du dir, holst aus dem Schrank dein Microfasertuch, wischst kurz über den Fleck, wäscht anschliessend den Lappen aus und hängst ihn zum Trocknen auf. Der Kaffeesatz, welcher im Kocher übrig bleibt, gibst du in die Blumenerde deiner Pflanzen. Nicht nur du profitierst von der Wirkung des Kaffees, sondern auch für die Pflanzen sind die im Kaffeesatz enthaltenen Nährstoffe wertvoll. „Jetzt muss ich aber los!“, sagst du zu dir, steigst auf dein Fahrrad und fährst zum nächsten Supermarkt. Dort kaufst du einen Grillspiess mit Schweizer Gemüse. Dein Spiess packst du nach dem Zahlen an der Kasse in deinen mitgebrachten Rucksack. Am See angekommen triffst du dich mit deinen Freunde an einem öffentlichen Grill. Während euer Grillgut vor sich her brutzelt packt ihr euer von Zuhause mitgebrachtes Geschirr aus (welches nach dem Essen nicht in der Tonne landet, sondern wieder im Rucksack auf dem Weg nach Hause) und macht es euch gemütlich. Da der Rost des Grills nicht zu nahe an der Hitzequelle ist, verkohlt dein Spiess nicht und schmeckt köstlich. Was für ein herrlicher Tag, und das fast müllfrei. Gute Sache!


Wie ihr sicher bereits bemerkt habt geht es in der Variante 1 um Einwegprodukte und in der Variante 2 um Mehrwegprodukte. Auch wenn die Geschichten ein wenig überspitzt dargestellt sind, möchte ich euch damit zeigen, dass viele Mehrwegprodukte durchaus ihre Berechtigung haben und - nicht nur aus ökologischer Sicht - gegenüber den Einwegprodukten einige Vorteile mit sich bringen.

Folgend findet ihr nun zu den in den Geschichten fett markierten Begriffen Erläuterungen und Tipps.

Rasierer

Nehmt anstatt einem Wegwerfrasierer, einen den man mehrmals verwenden kann beziehungsweise einen, bei dem man nur die Klinge ersetzen muss und nicht gleich den ganzen Rasierer. Da muss man vielleicht mal auf ein etwas teureres Markenprodukt zurückgreifen, dafür hat man aber beim Müll gespart und die Umwelt geschont. Weitere Vorteile der Mehrwegrasierer sind, dass diese meistens eine bessere Rasurleistung aufweisen sowie weniger Hautirritationen verursachen. Zudem ist die Verletzungsgefahr bei Mehrwegrasierern geringer als bei den unflexiblen Einwegdingern (Selbsterfahrung :-P).

Kaffee(kapseln)

Je leichter die Kapseln und je weniger diese verpackt sind desto besser. Kapseln aus Alu sind diesen aus Kunststoff vorziehen, ABER NUR wenn diese auch recycelt werden! Denn Alu ist zwar in der Herstellung sehr energieaufwändig, kann aber unendlich oft recycelt werden und das Recycling ist um ein Vielfaches energieärmer als die neue Herstellung von Alu.

Die Firma Nespresso beispielsweise bietet diverse Kapselsammelstellen sowie den Kapselabhol-service „Recycling at home“ an, wo durch die Post bei der der Lieferung der nächsten Bestellung die gebrauchten Aluminiumkapseln wieder abgeholt werden. Danach werden die Kapseln im Nespresso Recycling System sortiert und zur Wiederverwendung aufbereitet. Wenn ihr mehr darüber erfahren möchtet, dann schaut mal auf der Homepage von Nespresso nach.


Noch besser wäre allerdings ein Kaffeemaschine, welche ohne Kapseln auskommt (weniger Kapseln = weniger Abfall) und anstatt dessen beispielsweise einen Kolben besitzt. Weitere Alternativen sind auch der gute alte Kaffeekocher, Filerkaffe oder Instantkaffee. Denn je weniger Abfall desto besser.

Ach und noch was: Kaffeesatz nicht in den Müll entsorgen, denn dieser ist ein guter Pflanzendünger, da er nährstoffhaltig und sauer ist. Weitere gute Tipps zum „Kaffeerecycling“ findet ihr hier.

Reinigungstextilien

Mehrweg-Reinigungstücher sind den Einweg-Reinigungstüchern vorzuziehen. Denn die Einwegtücher sind aus sauberkeitstechnischer, ökonomischer wie auch ökologischer Sicht nicht sehr nachhaltig. Zudem dass die Reinigungsleistung der Einwegtücher oft nicht ausreichend ist  (saldo-Test, KTipp) sind sie weiter auch in der Anschaffung teurer als ein „normales“ Mehrwegputztuch. KTipp schreibt, dass ein normales Universaltuch der Migros mit selbst dosiertem Reinigungsmittel (bei einer 20-maligen Verwendung) je nach Preis des Einwegtuches nur halb oder sogar bis zu einem Zehntel so teuer ist wie das Einwegtuch.

Ein weiterer Grund für den Verzicht auf Einwegtücher ist die eher schlechte Ökobilanz. Für die Herstellung dieser Einwegtücher benötigt es viel Energie, Rohstoffe und Chemikalien. Zudem werden sie nach dem Gebrauch auch gleich wieder entsorgt, was unnötig viel Abfall generiert.


Mein Tipp:

Nehmt ein gewöhnliches Reinigungstuch (und/oder Microfasertuch), welches ihr mehrmals nutzen, und das Reinigungsmittel selbst dosieren könnt. Das schont nicht nur euren Geldbeutel, sondern auch die Umwelt. Die Mehrwegreinigungstücher könnt ihr nach mehrmaligem Gebrauch dann ganz einfach mit eurer Wäsche in der Maschine waschen und danach wiederverwenden.

Tasche

Nehmt anstatt Einweg-Plastiktüten einen Holzkorb oder Säcke aus Jute, Stoff oder recyceltem Papier. Diese aufgezählten Alternativen bestehen aus nachwachsenden Rohstoffen (nicht so wie Plastiksäcke, welche aus dem nichterneuerbaren Rohstoff Erdöl bestehen). Zudem können die Alternativen gut recycelt werden und zersetzen sich einiges schneller als Plastik (Plastik braucht mehrere hundert Jahre bis er sich zersetzt hat). Ein weiteres wichtiges Argument, welches für die Alternativen spricht ist, dass man diese öfters wiederverwenden kann (und wird), als so einen unpraktisch kleinen und meist dünnwandigen Plastiksack, welchem nach dem Transport von einem Liter Milch womöglich der Henkel reisst.

Zudem sind die Mehrwegtragetaschen heutzutage sogar schon so klein, dass man diese immer und überall mitnehmen, und somit auf die Plastiksäcke verzichten kann (Foto unten). Also, wieso denn eigentlich nicht?!


Geschirr

Wenn ihr beispielsweise draussen grillieren geht, dann nehmt doch anstatt Einweggeschirr (oftmals aus Einweg-Kunststoff oder nicht recyceltem Karton), langlebigeres Geschirr (beispielsweise aus Glas, Porzellan oder Hartkunststoff) von zu Hause mit. Als ich mal kein Geschirr dabei hatte, habe ich auch schon zur Not meinen Tupperwaredeckel als Teller benutzt. ABER: Ich musste diesen nach dem Gebrauch nicht gleich entsorgen. Es gibt auch Tupperware, welche sowohl zum Essenaufbewahren, wie auch als Geschirr (inklusive Besteck) verwendet werden können. Die sind wirklich praktisch und verursachen keinen zusätzlichen Müll.

 

Kurzer Input zu kompostierbarem Einweg-Geschirr: Das Wort „kompostierbar“ lässt kurzfristig wohl jedes Öko-Herz höher schlagen. Eine Studie vom BAFU hat allerdings ergeben, dass dieses Wort scheinbar doch nicht so viel verspricht, wie man auf den ersten Blick meinen könnte. Denn keines der kompostierbaren Geschirrlösungen hat besser abgeschnitten, als Einweggeschirr aus Recyclingkarton. Zudem wird auch das kompostierbare Geschirr oft in den Abfall geworfen, was wiederum den Gedanken vom Kompostieren zunichtemacht. Sollte es das kompostierbare Geschirr doch mal auf dem Kompost schaffen, ist auch dies nicht unbedingt unproblematisch, da für eine zufriedenstellende Kompostierung  oft optimale Rahmenbedingungen benötigt werden.  Auch andere Studien (Carbotech AG) haben ergeben, dass kompostierbare Becher aus Polymilchsäuren bei der Ökobilanz sogar 30% schlechter abschnitten als Einweg-Becher aus PET. Kompostierbare Teller aus Stärke schnitten sogar 60% schlechter ab als PET. Der ausschlagende Faktor scheint dabei die Herstellung des Rohmaterials darzustellen. Einerseits stammt der Grundstoff für die Polymilchsäure aus intensiver Landwirtschaft (Maisanbau), welche umweltbelastend ist (BAFU „Der kluge Einkaufswagen“).  Andererseits wird für die Herstellung von Geschirr aus Polymilchsäure sowie aus Stärke viel Energie benötigt (Umwandlung in Säure).

Grill

Kommen wir nun zum meinem „Liebling“, der Einweggrill. Der ist suuuuper praktisch: Günstig, alles dabei was man so zum Grillieren braucht und man muss ihn nicht reinigen, denn man schmeisst ihn nach Gebrauch ja sowieso gleich wieder in die Tonne.

Toll oder?

 

Aber ist das wirklich so nachhaltig? Die Herstellung des Grills braucht viel Energie, da er hauptsächlich aus Aluminium besteht und die Gewinnung von Alu sehr aufwändig und unökologisch ist. Für den Abbau von Bauxit werden Wälder und Landschaften zerstört und bei der Waschung mit Natronlauge entstehen giftige Nebenprodukte. Zur Herstellung von Aluminium muss der Rohstoff zudem mehrmals und sehr hoch erhitzt werden, was mit einem hohen Energieverbrauch einhergeht.

Alu lässt sich zwar gut recyceln, aber mal ehrlich: Die meisten Einweggrills landen nach dem Gebrauch auf dem Müll und nicht beim Recycling, oder?!

Weiter ist der Einweggrill sehr nahe am Boden und hinterlässt dort nicht selten Brandspuren (schlecht für den Rasen, aber auch für festen Boden).


Bessere Alternativen wären beispielsweise das Benutzen von öffentlichen Grills oder einen eigenen Grill (nicht Einweg) von Zuhause mitzubringen. Diese haben eine bessere Ökobilanz, zerstören (bei richtigem Gebrauch) nicht den Untergrund, haben meistens mehr Platz für das Grillgut und bringen erst noch eine bessere Grillleistung! Also dann, guten Appetit :-)

Fazit

Früher verwendete man noch viel öfter Taschentücher und Windeln aus Stoff, wohingegen viele von uns heutzutage unsere Bazillen gleich nach dem „Nase schnäuzen“ und „Windeln wechseln“ mittels Einwegprodukten wieder entsorgen. Ist vielleicht auch gut so, denn bei Windeln, welche sehr oft gewechselt und gewaschen werden müssen würde sich wohl die Frage stellen, wie ökologisch das häufige Waschen in der Maschine tatsächlich ist…

Abschliessend kann wohl nicht gesagt werden, dass Einwegprodukte grundsätzlich schlecht sind, denn es gibt Produkte, wo Einweg durchaus Sinn machen kann, vor allem in Bereichen, wo Hygiene und Keimfreiheit eine wichtige Rolle spielen.

Dennoch haben Mehrwegprodukte gegenüber den Einwegprodukten einige Vorteile. Beispielsweise können durch den mehrmaligen Gebrauch der Produkte Ressourcen und Energie eingespart werden. Weiter ist auch der CO2-Ausstoss geringer, da die ständige Neuproduktion der Produkte entfällt. Zudem wird das Abfallvolumen verringert, da die Mehrwegprodukte nicht wie die Einwegprodukte nach dem Gebrauch gleich entsorgt werden.

 

Schlussendlich muss jeder selbst entscheiden, wie weit er mit dem Nutzen von Einwegprodukten beziehungsweise Mehrwegprodukten gehen will. Daher lautet mein Schlusssatz für heute: Make your own decision, aber je weniger Müll und Ressourcenverschwendung, desto besser.

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